Das Literaturinstitut in Leipzig lehnt ihre Bewerbung ab. Das wäre der einzige Grund gewesen auszuziehen. Kurztrips mit ihrer Freundin Samara verschaffen ihr immerhin kurze Phasen der Distanz. Eines Tages, als sie von solch einer Reise aus Prag zurückkommt, findet sie die Mutter tot vor. Diese war ihres Lebens endgültig überdrüssig und hat Selbstmord begangen.

Ida versucht, alles hinter sich zu lassen, setzt sich in den Zug nach Hamburg zu ihrer Schwester (die Hauptfigur des ersten Romans von Caroline Wahl), landet aber schließlich auf Rügen. Sie stellt fest, dass räumliche Distanz nicht bedeutet, dass sie auch emotionale Distanz gewinnt. Schmerz, Trauer, Schuldgefühle, Wut, Liebe, Hass – alles reist mit und alle Bemühungen, die Gefühle los zu werden, sind von kurzem Erfolg.

Erst als sie im Haus von Knut und Marianne landet, die sie wie ihre Tochter aufnehmen, und nachdem sie, mit Leif ihre große Liebe findet, kommt sie allmählich zur Ruhe, auch weil sie offenbar Kindheit nachholen kann.

Am Ende des Romans wird klar: Es ist noch lange nicht vorbei; aber die Versöhnung ist nah und eine Öffnung für Neues möglich.

Die Geschichte ist durchaus interessant und die Hauptfigur Ida, aus deren Perspektive erzählt wird, bietet zumindest ein wenig Potential, Interessa an ihrem Schicksal zu wecken.

ABER

Der Roman spricht es selbst regelmäßig an: vieles ähnelt kitschigen Filmen oder Büchern. Das ist schon deshalb verwunderlich, weil die Welt, in der sich Ida bewegt, alles andere als heil und schön ist. So stürmisch wie das Meer so tobt es in ihr, mindestens eben in Windstärke 17.

Auch diese Ambivalenz zwischen Romantik und Absturz allerdings ist auf ihre Weise kitschig. Mehr noch: Die stets gleichen Seelennöt der Protagonistin, der man die meiste Zeit keine Hochschulreife zutraut, nerven.

sage ich: „Komm, wir gehen in mein Zimmer“, und fühle mich dabei wie so ein richtiger Teenager, obwohl ich keiner bin und nie einer war. (S. 111)

Keine Protagonistin in einem Liebesroman, keine Filmfigur, kein Teenager, was dann? Von allem etwas, von nichts etwas richtig.

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